e-Blog 2. Juni Inzwischen hat sich die neueste "Identitätsveränderung" sozusagen sortiert. Ich bin immer wieder fasziniert davon, wie flexibel das menschliche Gehirn sofort neue Deutungs- und Orientierungsmuster entwirft, sobald sich Umstände verändern. Anpassungsstrategien, die natürlich nützlich für die Organisatiion des Alltags sind. Also schön, die Autorin schreibt wie besessen an ihrem neuen Buch, die Designerin bearbeitet ganz nonchalant einen nicht termingebundenen Auftrag, die Malerin ist begeistert vom Angebot einer Jubiläumsausstellung im nächsten Januar und malt vorerst nur im Kopf an neuen Werken, denn für eine Retro-Schau muss sie nicht stapelweise neue Arbeiten vorweisen, die Politikerin hat eins ihrer Ämter in jüngere Hände gelegt und die Trainerin hat bis Oktober erst mal Urlaub. Einzig die Erholungsbedürftige fordert eisern ihre Minimum acht Stunden Schlaf ein. Also, liebe Autorin, schreibe ... Einig sind sich alle, dass ganz viel Kram weggeschmissen werden kann - konfliktträchtig wird werden, welcher Kram das denn genau sein soll ... denn alle Teilidentiäten haben völlig unteschiedliche Vorstellungen von Wichtigkeit und Prioritätensetzen. Psychologen und Sozialwissenschaftler sprechen ja heute ganz gerne von "Patchwork-Identität", insofern bin ich mit meinen ausgeprägten Teilidentitäten absolut up to date. Es ist unbestritten, das man in der Welt des 21. Jahrhunderts keine einheitlichen Selbstbilder aufbauen kann, so wie man das noch vor fünfzig Jahren gemacht hat. Früher hatte man(n) in der Regel einen Beruf fürs Leben, der sich als identitätstiftend erwies und war allgemein sehr viel stärker an Familientraditionen gebunden - und meist ein Leben lang mit dem gleichen Partner verheiratet. Religion und "Obrigkeit" gaben zentrale Werte vor. Eine ganz andere Welt als heute. Nicht, dass ich es sonderlich verlockend fände, wenn die alten Zeiten wiederkehrten ... dann doch lieber kreatives Patchwork mit allen Konsequenzen. |
4. Juni |
zurück |